Wort der Pfarrerin
Liebe Leserinnern und Leser, liebe Interessierte,
Schön, dass Sie die Internetseite des Striesener Friedhofs entdeckt haben. Denn zugegeben: Der Friedhof im Dresdner Osten ist auch selbst etwas versteckt. Er liegt abseits der großen Ausfallstraßen und man muss ihn schon zielgerichtet aufsuchen. Doch hinter dem imposanten Eingangstor erstreckt sich mit der parkähnlichen Friedhofsanlage ein wahres Kleinod mit altem Baumbestand und vielen schattigen Flecken; eine Oase der Ruhe, wo Sie Lärm und Hektik der Stadt eine Zeitlang hinter sich lassen können. Freilich, beim Gang über den Friedhof lassen wir auch das irdische Dasein ein wenig hinter uns, denn ein Friedhof erinnert uns an die alte biblische Weisheit: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90, 12)
Auf dem Friedhof wird getrauert, hier nehmen wir schmerzvoll Abschied – aber aus christlicher Sicht ist es auch ein Ort der Hoffnung. Wir glauben, dass der Tod nicht das Ende, sondern das Ziel unseres Lebens ist. Das große Kreuz, auf das der Hauptweg zuläuft, steht für das Sterben Jesu und für seine Auferstehung. Christliche Hoffnung blickt über Tod und Grab hinaus auf das Leben in Gottes Ewigkeit. Diese Hoffnung nehmen auch viele Inschriften und Symbole der Grabsteine auf.
Auf dem Striesener Friedhof finden sich einige kunsthistorisch wertvolle Grabstätten; bedeutende Persönlichkeiten Dresdens fanden hier ihre letzte Ruhe, wie der Rhododendronzüchter Hermann Seidel. Alte und neue Grabstätten bilden auf dem Striesener Friedhof eine überraschend harmonische Einheit: Zwischen alten Eiben finden sich imposante Familiengrabstätten genauso wie auffallend modern gestaltete Urnengräber auf sonnigen Wiesenabschnitten. Ein Gang über den Friedhof führt uns das Ende des Lebens vor Augen. Doch wer den Friedhof aufsucht, um zu trauern, eine Grabstelle zu pflegen oder einfach zum Spazierengehen – der zeigt damit deutlich: Die Verbindung zu den Verstorbenen besteht weiter, die Toten sind nicht vergessen! Der Tod gehört zu unserem Leben, und jeder Mensch verdient einen würdigen Platz für die letzte Ruhe. Aber auch die Lebenden brauchen einen Ort für ihre Trauer. So ist der Striesener Friedhof ein friedlicher und stiller Ort für Trauer und Abschied, aber auch für Begegnung, Trost und Hoffnung – ein lebendiger Ort!
Worte ehemaliger Vorsitzender des Friedhofsausschusses
Pfarrer i.R. Hanno Schmidt, Vorsitz Friedhofsausschuss 01.02.1998 – 17.09.1998
Meine Begegnungen mit dem Striesener Friedhof sind durch mein Leben hindurch sehr verschieden und wechselhaft:
Als Kinder mußten wir Ostersonntagsmorgen frühzeitig losmarschieren von der Wartburgstraße bis zum Striesener Friedhof – schweigend, um wie die Frauen am Grab Osterwasser zu holen.
Als Student habe ich einmal in den Semesterferien auf dem Friedhof gearbeitet und dabei Mühe und Arbeit unter den Bedingungen aller Ehrfurcht, die auf einem Friedhof im täglichen Umgang mit Leben und Tod geboten ist, selbst erlebt. Eigentlich wollte ich ja nur mal etwas Geld nebenbei verdienen. Aber so nebenbei erste Erfahrungen mit dem Ende. Und da war ein alter Mitarbeiter, der sagte mir: „Wenn es bei mir soweit ist, bleibe ich gleich hier sitzen, da spare ich mir die Transportkosten“
Später war ich dann – eigentlich bis heute – als Pfarrer dabei, Leute aus meiner Gemeinde Erlöser-Andreas und andere unter die Erde oder zur Verbrennung ins Krematorium zu bringen. Manche gute Bekannte und Freunde waren darunter. Das fällt einem gar nicht leicht.
Für kurze Zeit war ich nach dem Abgang des langjährigen Vorsitzenden Pfarrer Jentsch und dem Weggang von Pfarrer Weismann als Vorsitzender für den Friedhofsausschuß zuständig. Aber nicht lange, denn dann ging auch ich in Rente. Doch es verbindet bis heute.
Und dann starb meine Frau, und ich mußte mit meinen Kindern von ihr Abschied nehmen, ihr Grab direkt neben dem Grab meiner Eltern. Danach war es mir gar nicht leicht, Beerdigungen zu leiten auf demselben Friedhof und in derselben Kapelle und in derselben Sitzreihe. Und dann wurde neben dem Grab meiner Frau eine etwas urige Stelle plötzlich bearbeitet, ein Baum gefällt und alles ordentlich begradigt. Ich war verwundert, war das doch eine friedhofsmäßig etwas lustig-urige Stelle. Ich fragte: „Was soll das?“ „Das ist für Sie, Herr Pfarrer.“
Bis dahin bleibt hoffentlich noch Zeit. Bleiben Sie gesund und fröhlich – trotz allem Ostern fällt nicht aus.